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Postgeschichte – Die Corsini-Briefe – Teil 2: Literatur und Handel

1984: Alles begann bei Robson Lowe

      Robson Lowe, berühmter Philatelist, bekannt als „Father of Postal History“ (1), Autor und Gründer des Auktionshauses Robson Lowe Ltd (1980 von Christie’s übernommen), konnte in den Siebzigerjahren die Familie Corsini dazu bewegen, ihr Archiv von mehr als 3500 Briefen, vorwiegend an die Brüder Corsini in London gerichtet, zu verkaufen. Diese Sammlung war die bis dahin grösste zur frühen Postgeschichte auf dem Markt. Lowe lernte dafür Italienisch und das Lesen der alten Handschriften und übersetzte viele der Briefe selbst.
      Da er nicht nur Händler, sondern auch engagierter Postgeschichtler war, ermöglichte er den Erhalt dieses wertvollen Materials für die Forschung: Alle Auktionslose wurden vor dem Verkauf kopiert oder auf Mikrofilm archiviert; diese Arbeit wurde von der Guildhall Library übernommen. 2008 wurde die Guildhall Library Manuscripts Section in die → London Metropolitan Archives integriert, wo dieses Material heute zur Verfügung steht.

      Im September 1984 begann eine vier Jahre dauernde Serie von Auktionen in London und Zürich, in denen die Corsini-Briefe verkauft wurden. Die umfangreichsten mit Corsini-Briefen nach London waren die vom September 1984 und Juni 1986; allein bei diesen beiden Auktionen, jeweils in London, wurden rund 3000 Briefe versteigert, die Briefe ab 1601 gingen an Bartolomeo Corsini (oder Nachfolger) in Italien. Die Tabelle zeigt die Auktionsdaten und, soweit Daten verfügbar waren, die Verteilung der angebotenen Briefe:

Die Corsini-Auktionen bei Christie’s/Robson Lowe
Wann und wo Briefe aus der Zeit Anzahl (ca.)
1569 – 1600 964
1570 – 1601 96
1602 – 1637 161
1591 – 1637 34
1599 – 1637 73
   
1567 – 1601
1601 – 1613
1616 – 1637
2050
32
155
   
   
Daten aus: Cox, The Corsini letters 1567–1637
Daten aus: Beale/Almond/Archer, The Corsini Letters

      Bei Beale et al. findet man ausführliche Analysen der Briefe mit einer Aufschlüsselung nach der Art der gehandelten Güter. Hier interessiert uns ein Vermerk zu dieser Statistik: Es heisst dort „… extracted from the four main auction catalogues“. Als „Haupt-Auktionen“ galten für die Autoren die vom September und Oktober 1984, Juni 1986 und Oktober 1988.

 

Literatur

      Das wichtigste Quellenmaterial zu den vorhandenen Briefen sind natürlich die Kataloge zu den oben aufgeführten Auktionen. (Ich habe einige Wochen gebraucht, bis ich sie von drei verschiedenen Antiquariaten zusammengetragen hatte.) Es gibt meines Wissens nur eine spezialisierte Monographie zur Corsini-Korrespondenz, nämlich das bereits zitierte Buch von Beale/Almond/Archer:

Beale/Almond/Archer: The Corsini Letters Philip Beale, Adrian Almond & Mike Scott Archer:
The Corsini Letters
Amberley Publishing Plc, Stroud 2011
 
      „For an economic historian this is a disappointing book […] Overall, postal historians will benefit from this publication much more than economic historians.“ Was in der Rezension dieses Buches in einer Zeitschrift für Wirtschaftgeschichte (2) als Kritik gedacht war, ist für Posthistoriker eher eine Empfehlung. Recht hat der Rezensent, wenn er eine etwas unlogische Gliederung bemängelt, aber inhaltlich ist an diesem Werk nichts auszusetzen. Es gibt eine historische Einführung, Analysen der Briefinhalte und Aufgabeorte, eine Übersicht über Postwege und nicht zuletzt Hinweise zum Lesen der alten Texte.
 
      Aktuell (Herbst 2020) ist das gedruckte Buch nur noch antiquarisch erhältlich, die Kindle-Edition ist weiterhin verfügbar. Ich habe sie mir zusätzlich geleistet; gerade beim Schreiben dieser Seiten war mir der Komfort des direkten Zugriffs auf das Kindle-Fenster neben dem HTML-Editor den relativ geringen Preis wert.

      Eine immer wieder zitierte Referenz ist das gleichfalls bereits erwähnte Paper von Jacqueline Cox; auch die Royal Philatelic Society London (Link s. u.) zitiert diese Veröffentlichung.
      Der Verlag verlangt leider für den Zugriff zum Herunterladen dieser dreiseitigen Publikation einen ziemlich hohen Preis, trotzdem musste ich dieses Paper natürlich haben. Sie finden es unten bei der Literatur zitiert, hier ist der → Link zum Kauf („Get access“).

      Weitere im Zusammenhang mit den Corsini-Briefen nützliche Informationen finden Sie im Web, etwa die Lernprogramme zur Paläographie (s. dazu Links in der Einleitung zu Briefen der Renaissance).

 

Händler und Auktionen

      Habe ich Ihr Interesse geweckt? Dann fragen Sie sich jetzt vielleicht, wo Sie Corsini-Briefe finden.
      Ich nenne nur selten Händler namentlich; ich bemühe mich um Objektivität auf dieser Website, und alles, was nach Werbung aussieht, muss dann vermieden werden. Trotzdem nenne ich hier zwei Händler, ausgewiesene britische Postgeschichte-Spezialisten, bei denen ich selbst schon gekauft habe und die ich empfehlen kann. Besuchen Sie doch einmal die Websites von → Bill Barrell Ltd und → Martin Townsend.

      Wahrscheinlich werden Sie sich aber zunächst bei, vielleicht schon bekannten, Auktionshäusern umschauen. Dazu ein wichtiger Tipp:
      Auktionatoren ordnen ihre Altbriefe üblicherweise nicht nach dem Zielort (also bei den Corsini-Briefen London oder Florenz) ein, sondern nach dem Aufgabeort. Wegen der weit verzweigten Geschäftsbeziehungen der Corsinis deckt das natürlich grosse Teile Westeuropas im 16. Jahrhundert ab. Ich suche Corsini-Briefe üblicherweise mit dem philatelistischen Meta-Auktionskatalog → Philasearch. Eine Suche nach dem Begriff „Corsini“ liefert dann beispielsweise ein solches Resultat:

Screenshot Philasearch
Suche nach dem Begriff „Corsini“ bei Philasearch
(Screenshot vom 1. Juni 2020)

      Grossbritannien, Toscana, Niederlande – bis Sie diese Belege aus verschiedenen Auktionskatalogen zusammengesucht hätten, wäre ein Wochenende schnell vergangen. Wie ich schon an anderer Stelle schrieb: Philasearch ist eine grossartige Einrichtung!

      Über Geld spricht man eigentlich nicht, aber vielleicht interessiert Sie ja trotzdem zum Abschluss dieser Einführung noch, was Sie für einen dieser Renaissance-Klassiker anlegen müssen. Wie bei Altbriefen üblich, variiert das enorm; da geht es um Leitwege, spezielle Porto-Vermerke, seltene Aufgabeorte. Für die meisten Corsini-Briefe in meiner Sammlung habe ich Preise etwa zwischen 180,– und 300,– Euro bezahlt. Ausreisser in beide Richtungen habe ich auch in meiner Sammlung: Für den in der Einleitung zu Renaissance-Briefen gezeigten Beleg, der innerhalb Londons gelaufen ist, verlangte ein britischer Händler 750,– Pfund. Es geht auch ganz anders: Bei einem niederländischen Auktionshaus habe ich für ein Lot mit 17 belgischen Altbriefen für 170,– Euro den Zuschlag bekommen – dabei waren zwei Corsini-Briefe! Wenn Sie ein bisschen suchen, können Sie also einen Beleg aus dieser historischen Korrespondenz zu einem noch sehr akzeptablen Preis in Ihre England-Sammlung („incoming mail“) oder in eine Sammlung der Gebiete Niederlande, Belgien, Toscana, Venedig, … aufnehmen.


Fussnoten:

  1. Robson Lowe – the father of postal history – his story im Postage Stamp Chat Board & Stamp Forum.
  2. Francesco Guidi-Bruscoli: The Corsini Letters. Book Review. Economic History Review, 65, 2012, pp. 1594–1595.

Literatur:


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Erste Veröffentlichung am 14. November 2020, letzte Bearbeitung am 30. Juni 2021.


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