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Ausgaben der argentinischen Provinzen Buenos Aires, Córdoba und Corrientes
Corrientes – Teil 1

      Siehe dazu auch „Corrientes – Teil 2“.
 

I. Die Entstehung der Corrientes-Marken

      Corrientes hat am 21. August 1856 die erste argentinische Briefmarke verausgabt. Diese eine Marke hat dann eigentlich für den gesamten Zeitraum, in dem es eigene Ausgaben von Corrientes gab, ausgereicht. Natürlich werden Sie jetzt einwenden, dass es doch nach den Katalogen eine ganze Reihe von Corrientes-Marken gibt und nicht nur eine einzige. Das stimmt – aber das Motiv wurde nie geändert!

      Dass man sich in der Provinz Corrientes zur Ausgabe eigener Briefmarken entschloss, hatte eher geldpolitische als postalische Gründe; Corrientes war in Sachen Währung etwas chaotisch:
      Es gab eine Papierwährung namens Real M.C. (Moneda Corrientes). Ein Real war 12½ centavos fuerte wert, 8 Reales (oder 100 Centavos fuerte) entsprachen einem Dollar (auch den gab es als Papierwährung).
     Was jedoch fehlte, waren kleinwertige Münzen. Stich berichtet, dass um 1856 Papiergeld in Wertstufen unter 8 Reales (1 Dollar) knapp wurde. Gleichzeitig wurde der (in Corrientes seit 1820 bestehende) Postdienst neu organisiert; die kleinste Portostufe war ein (1) Real. Statt also nur Papiergeld zu drucken, konnte man mit der Herstellung von Briefmarken einen doppelten Zweck erfüllen: Sie waren für den Postdienst ebenso geeignet wie als „Kleingeld“ im Alltag.

      Die Idee, Marken zu drucken, stammte wohl von Pablo Emilio Coni, damals Direktor der staatlichen Druckerei von Corrientes, und wurde von Dr. Juan Gregorio Pujol, dem Provinzgouverneur, unterstützt. Offenbar gab es damals nur einen Menschen in der ganzen Provinz, der in der Lage war, ein Markenbild zu gravieren, den aus Katalonien stammenden Bäckerjungen Matias Pipet, der in Mailand eine Ausbildung als Graveur absolviert hatte.

      Er erhielt vom Gouverneur eine französische „Ceres“-Marke als Vorbild – warum gerade diese, ist nicht bekannt. Auf jeden Fall ist das Markenbild der Corrientes-Marke ein schlichtes Plagiat. Noch schlimmer – to add insult to injury, wie unsere angelsächsischen Freunde sagen – war das, was Pipet schliesslich ablieferte: Die Zeichnung des Markenbildes kommt in keiner Weise an die französische Vorlage heran, sondern sieht eher wie eine Karikatur der Ceres aus.
      Dem Gouverneur gefiel allerdings, was Pipet erzeugt hatte, und damit beginnt die Geschichte der Marken von Corrientes.

Ceres; Frankreich MiNr. 4, 1850 Ceres nach Pipet
Ceres im Original Pipets Idee der Ceres
Die Abbildung zeigt die MiNr. 4 von Frankreich, die erste Ceres-Ausgabe aus dem Jahr 1850.
Genau dieses Gesicht hatte Pipet als Vorlage!

      Man ging, wohl mangels technischer Möglichkeiten, nicht den Weg über einen Urstempel, von dem dann Druckstöckel abgenommen wurden, sondern man entschloss sich stattdessen, die für einen Umdruckblock erforderliche Anzahl von Druckstöcken individuell gravieren zu lassen. Pipet fertigte also acht Exemplare seiner Ceres-Kopie an, denn mit der vorgesehenen Wertstufe von 1 Real ergab ein Achterblock jeweils genau den Gegenwert von 1 Dollar.
 

II. Einteilung der Marken: Tipo – Composición – Disposición

      Bei dieser Technik ergibt es sich zwangsläufig, dass die acht Marken, die einen Umdruckblock bildeten, nicht identisch sind. Jede ist einzeln graviert, und die unvermeidlichen Unterschiede sind natürlich gerade bei einem Gesicht als Motiv sehr deutlich.

      Damit beginnt das, was Corrientes als Sammelgebiet so interessant macht: Diese acht verschiedenen Marken werden als Typen (span. tipo) 1 bis 8 bezeichnet; die Nummerierung in der Literatur erfolgt auf der Basis der Anordnung dieser acht Typen bei der ersten Ausgabe.
      Eine ausführliche Beschreibung der Merkmale der acht verschiedenen Typen finden Sie auf einer eigenen Seite, da dies den Umfang dieser Einleitung sprengen würde.

      Es gibt allerdings unterschiedliche Anordnungen dieser 8 Typen im Umdruckblock, dies ist die so genannte composición. Hier die Übersicht aus dem Kneitschel-Katalog:

Übersicht: Composición 1 bis 2A
Composición 1, 1A, 2 und 2A
Abb. aus Kneitschel 1958. Beachten Sie ausser der Anordnung der acht Typen
auch ihre Ausrichtung zueinander (punktierte Linien, s. auch grosse Abbildung)

      Bei Lowey findet man eine etwas andere Nomenklatur; Composición 1, 1A und 2 sind identisch mit der Definition von Kneitschel, Kneitschels 2A nennt Lowey 3, zusätzlich kennt er noch die composición 3A. Mehr dazu auf der Seite über die Neudrucke von Corrientes.

      Gehen wir von der einzelnen Marke mit den acht Typen über die composición noch eine Ebene höher: In einem Druckbogen gibt es unterschiedliche Anordnungen der composiciónes; dieses „Layout“ eines Druckbogens wird im Spanischen als disposición bezeichnet. (In der ersten Auflage des Kneitschel-Katalogs wurde dafür noch der Begriff combinación benutzt.)

      Das zum Druck verwendete Papier wurde in Bogen mit einer Grösse von 86 x 62 cm geliefert. Diese wurden zunächst geviertelt, was 4 Bogen zu 43 x 31 cm ergab, und jeder dieser TeilBogen wurde noch einmal in vier gleiche Teile geteilt. Die resultierenden Bogen (jetzt eigentlich nur noch Blätter) mit den Abmessungen 21,5 x 15,5 cm, also etwa so gross wie ein DIN-A5-Blatt, waren die „Druckbogen“ von Corrientes.

      Auch dieses relativ kleine Format bot noch reichlich Platz für vier Abschläge eines Achterblocks.
      Es gibt fünf Varianten der Anordnung des Umdruckblocks von 8 Marken auf einem Druckbogen, nach Kneitschel mit I bis V bezeichnet:

Übersicht: Disposición I bis V
Abb. aus Kneitschel 1958 (Grosse Abbildung)

      Von einigen Anordnungen gibt es Varianten: Kneitschel führt bei I, III und V jeweils noch die Version „errada“ auf, bei denen nur jeweils zwei gegenüberliegende Achterblocks abgeschlagen wurden. Bei disposición III gibt es ausserdem noch eine Variante, bei der die obersten fünf Millimeter der Marken der beiden oberen Achtergruppen fehlen.


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Literatur:


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Copyright © 2007 und verantwortlich für den Inhalt:

Erste Veröffentlichung am 2. Juni 2007, letzte Bearbeitung am 2. Juni 2007.


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