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Einleitung – Was ist eine „klassische“ Marke?

      Jeder Philatelist hat wohl bei dem Begriff „klassische Ausgaben“ eine Vorstellung, was gemeint ist, aber eine eindeutige Definition ist schwierig.

      Relativ klar ist das bei den frühen Ausgaben von Italien – „Altitalien“, also die Marken der italienischen Staaten vor dem Königreich, ist ein klar definiertes Gebiet. Wie weit Sie dann mit der Definition von „Klassik“ noch im Königreich gehen, ist Ansichtssache.
      Schwieriger wird es schon bei Deutschland: Natürlich gehören die Marken der Deutschen Staaten („Altdeutschland“) in dieses Gebiet, aber es bleibt dem Sammler überlassen, ob er auch noch die im Kaiserreich und sogar nach dem 1. Weltkrieg bis 1920 bzw. 1923 ausgegebenen Marken von Bayern und Württemberg zur „Klassik“ rechnet. Die frühen Ausgaben (Brustschilde) des Kaiserreichs sind sicher auch selbst noch absolute „Klassiker“.

      In der Schweiz sind die „Cantonals“, also die Ausgaben von Basel, Genf und Zürich, sicher „klassische“ Marken, bei den späteren Ausgaben muss man irgendwo eine Grenze ziehen. Ich habe sie für mich nach den „Strubeln“ (sitzende Helvetia ungezähnt) gesetzt, damit beim Übergang von geschnittenen zu gezähnten Marken, aber Ihre persönliche Definition kann natürlich ganz anders aussehen.

      Bei Brasilien, einem der ersten Länder, die Briefmarken ausgegeben haben, bietet sich eine ähnliche Möglichkeit zur Unterteilung beim Übergang geschnitten/gezähnt, also von den Ziffernausgaben zur ersten „Dom-Pedro“-Serie. Meine persönliche Definition für den Aufbau der Sammlung setzt das Ende der „klassischen Zeit“ allerdings am Ende des Kaiserreichs und mit Beginn der Republik an.
      Auch bei Grossbritannien ist es eigentlich logisch, die gesamte Regierungszeit von Queen Victoria einheitlich der Klassik zuzuordnen.

      Mit der sehr weiten Definition von „Klassik“, die der Scott Classic Specialized Catalogue bietet, bin ich nicht einverstanden: 1840 bis 1940, beim Commonwealth sogar bis 1952, ist ganz sicher weit mehr als nur „klassische Philatelie“.
      Insgesamt ergeben sich also Grenzen, bis zu denen Marken als „klassisch“ gelten, in vielen Fällen durch Wechsel der Regierungsform oder des Regenten; manchmal muss man allerdings bei irgendeiner Markenausgabe eine Grenze ziehen, diese liegt dann oft um die Jahrhundertwende 19./20. Jahrhundert, manche Sammler sehen sie bei Beginn des 1. Weltkriegs, rechnen also alle Ausgaben bis 1914 zur Klassik.

      Die Mehrzahl der heute als „klassisch“ geltenden Ausgaben zeichnet sich durch eine Darstellung aus, die von einem zentralen Motiv (s. u.) bestimmt wird. Wahrscheinlich gerade wegen dieser Schlichtheit empfinden wir heute, wo wir überall von bunten Bildern jeder Art überschwemmt werden, diese Ausgaben als „schön“.
      Gedenkausgaben zu irgendwelchen Ereignissen mit entsprechender bildlicher Darstellung sind in der Klassik praktisch unbekannt (bekannte Ausnahmen sind die Marken der deutschen Privatpostanstalten); die Marken dienten im Wesentlichen ihrem eigentlichen Zweck: Es waren Gebührenquittungen.

      In England erschien 1887 eine Ausgabe zeitgerecht zum 50-jährigen Regierungsjubiläum von Queen Victoria. Diese war allerdings, trotz der gängigen Bezeichnung Jubilee Issue, eine zufällig auf dieses Datum fallende Dauermarken-Ausgabe. Die erste britische Gedenkausgabe erschien erst 1924. Als erste offizielle Gedenkausgabe einer staatlichen Postverwaltung wird eine Ausgabe von Peru aus dem Jahr 1870/71 diskutiert. (1)
      Als erste Sondermarken einer Staatspost in der Postgeschichte darf man wohl den aus drei Werten bestehenden Satz ansehen, der 1894 in Belgien aus Anlass der Weltausstellung in Antwerpen herausgegeben wurde:

Die ersten Sondermarken der Postgeschichte: Belgien Michel Nr. 61–63 zur Weltausstellung in Antwerpen
Belgien MiNr. 61–63: 20. Februar 1894, Weltausstellung in Antwerpen

      Für die Gestalter des Markenbildes gab es in der Klassik drei Hauptmotive: Das Porträt des regierenden Herrschers, das Landeswappen oder eine dem jeweiligen Markenwert entsprechende Ziffer.

Brasiliens erste Markenausgabe von 1843: „Ochsenauge“ 60 Réis

      Eine der schönsten klassischen Briefmarkenausgaben hat die Reduktion des Motivs auf die Spitze getrieben: Die „Ochsenaugen“, die erste Ausgabe Brasiliens von 1843, zeigen nur eine Wertziffer – nicht einmal der Name des Ausgabelandes findet sich im Markenbild!
      Ähnlich waren die nachfolgenden Serien gestaltet; das funktionierte immerhin 23 Jahre lang, erst die Ausgabe vom 1. 7. 1866 trägt die Inschrift „Brazil“. Auch die Ausgaben von Modena und Sardinien und die Marken des Kirchenstaats im Gebiet Altitalien tragen keine Hinweise auf das Gebiet, in dem sie verausgabt wurden.

Klassische Briefmarken-Motive am Beispiel altdeutscher Ausgaben
Typische „klassische“ Motive am Beispiel des Gebietes „Altdeutschland“
Oben: Zahl Bayern MiNr. 6   •   Wappen Bremen MiNr. 2I, Typ I   •   Zahl Thurn und Taxis MiNr. 43
Unten: Porträt des Regenten Hannover MiNr. 14   •   Zahl vor Wappen Hamburg MiNr. 22a

      Statt des Wappens findet man auch allegorische Darstellungen, z. B. die erwähnte sitzende Helvetia in der Schweiz, die Hope am Kap der Guten Hoffnung oder die Ceres in Frankreich:

Klassische Briefmarken-Motive: Allegorische Darstellungen
Allegorische Darstellungen statt Zahlen, Wappen oder Königsporträts (nicht massstäblich zueinander):
Links: Ceres Frankreich MiNr. 4   •   Mitte: Hope Kap der Guten Hoffnung MiNr. 2I
Rechts: Sitzende Helvetia Schweiz Zumstein Nr. 26 A

Fussnoten:

  1. Es war wahrscheinlich die „Trencito“-Ausgabe von Peru aus dem Jahr 1871 (Scott #19, MiNr. 16). In einem → Artikel über diese Ausgabe heisst es allerdings, dass dieser Status umstritten sei.

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Erste Veröffentlichung am 12. Juni 2005, letzte Bearbeitung am 22. Mai 2022.


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