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Einleitung – Wie soll man klassische Marken sammeln?
Ungebraucht, gestempelt oder auf Brief?

      Diese Frage wird wahrscheinlich diskutiert, seitdem Briefmarken gesammelt werden. Für die frühen Sammler war das noch recht einfach: Gesammelt wurde mehrheitlich das, was eben so in der Geschäfts- und Privat-Korrespondenz anfiel, und das waren gestempelte Marken. Es wäre interessant, zu erfahren, was vor mehr als 160 Jahren den ersten Sammler bewogen hat, eine Briefmarke am Postschalter zu kaufen und dann beiseite zu legen.

      Eine definitive Antwort auf diese Frage kann ich Ihnen auch nicht geben, aber wir können gemeinsam einige Überlegungen dazu anstellen, die Ihnen vielleicht beim Aufbau einer Sammlung helfen.
      Preis und Wert einer Marke sind sicher für viele Sammler entscheidende Kriterien. Welche Ausgaben sind teurer: Die ungebrauchten oder die gestempelten? Leider kann man darauf keine allgemein gültige Antwort geben: Die brasilianischen „Ochsenaugen“ etwa, die auch gestempelt nicht gerade billig sind, kosten ungebraucht dann endgültig ein kleines Vermögen, da bei Ablauf ihrer Gültigkeit die nicht verkauften Restbestände verbrannt wurden. Lübeck und Bergedorf dagegen haben das ganz anders gehandhabt und ihre Restbestände jeweils an Briefmarkenhändler abgegeben, so dass diese ungebrauchten Marken auch heute noch in grosser Stückzahl vorhanden und entsprechend viel günstiger als gestempelte Exemplare zu haben sind.

      Gehen wir das also einmal unter einem anderen Aspekt an: Was soll Ihre Sammlung zeigen, was interessiert Sie speziell?
      Wenn Sie die Marke als grafisches Kleinkunstwerk sehen und Details der Zeichnung studieren wollen, sind ungebrauchte Stücke für Sie ideal: Nichts verdeckt den Blick auf Details des Markenbildes. Dieser Aspekt wird auch dann wichtig, wenn Sie eine Referenzsammlung mit Neudrucken oder Fälschungen anlegen oder Plattenfehler und -typen dokumentieren wollen.

      Sehr schön illustriert wird das in Blanks Chile-Monographie: Unter „Wichtige Vorbemerkung“ heisst es dort:
      „Ehe man mit dem Studium zur Bestimmung der 13 Typen und ihrer Unterarten beginnt, besorge man sich je eine dieser Marken. Diese sind für Vergleichszwecke bestimmt und können schlecht geschnitten, sollten jedoch möglichst schwach gestempelt sein, um die Feinheiten des Druckes zu studieren.“ (Hervorhebung von mir)

      Auch das Plattieren einer Ausgabe, also die Rekonstruktion einer Druckplatte durch Zusammenstellen der Marken aller Bogenfelder (besonders beliebt bei den frühen britischen und niederländischen Ausgaben und den schweizerischen „Rayons“) wird leichter, wenn man sich auf ungebrauchte Stücke beschränkt, die alle Identifikationsmerkmale der jeweiligen Bogenposition perfekt zeigen – dies dürfte allerdings in der Praxis selbst für sehr vermögende Sammler heute fast nicht mehr möglich sein.

      Wenn für Sie Philatelie nicht bei der Marke an sich endet, wenn Sie Postgeschichte dokumentieren wollen, ist die gestempelte Marke oder gleich der ganze Brief (1) für Sie das bessere Sammelobjekt. Die gestempelte Marke ist tatsächlich bestimmungsgemäss verwendet worden, das allein macht sie schon philatelistisch interessant. Der Stempel kann sehr viel über die Verwendung einer Marke verraten (z. B. „Vorläufer“), richtig interessant wird es aber erst beim ganzen Brief: Auslandsssendungen mit ihrer Vielzahl von speziellen Stempeln, die Dokumentation verschiedener Portostufen mit jeweils entsprechender Frankatur, Mischfrankaturen mit Marken verschiedener Ausgaben, Halbierungen, … – das Sammeln von Briefen ist die schönste und philatelistisch anspruchsvollste, gerade in der Klassik aber leider auch die mit weitem Abstand kostspieligste Form des Sammelns.

      Schliesslich gibt es noch die Ganzsachen, deren bekannteste Form wohl die relativ moderne Postkarte darstellt. Die Geschichte der Ganzsachen, also der „postamtlich verausgabten Briefumschläge, Postkarten, Kartenbriefe, Streifbänder u. a. mit Wertstempeleindruck in Höhe des erforderlichen Portos“ (Häger) geht bis ins späte 18. Jahrhundert zurück, als in Wien „Stempelbogen“ verwendet wurden. Diesen ähnlich, aber bei Philatelisten wesentlich bekannter sind die 1819 im Königreich Sardinien verausgabten „Sardischen Pferdchen“, Briefbogen mit eingedrucktem Wertstempel. (2)
      Ganzsachen sind ein eigenständiges, sehr komplexes Gebiet; der allen Sammlern altdeutscher Ganzsachen bekannte Klassiker von Lindenberg „Briefumschläge der Deutschen Staaten“ ist ein 1400-Seiten-Buch! Interessant sind auch die als Briefmarken verwendeten Ganzsachenausschnitte; diese Verwendung war in manchen Ländern ausdrücklich erlaubt, wurde in anderen geduldet und war in wieder anderen verboten.
      (s. dazu auch „Ganzsachen und Ganzstücke)

      Wie also, um auf die in der Überschrift dieser Seite gestellte Frage zurück zu kommen, soll man „Klassik“ sammeln? Die Antwort ist einfach: So, wie es Ihnen Spass macht. Philatelie ist ein Hobby, in dem Sie selbst bestimmen, wie Sie es ausüben; es gibt keine Regeln, und Sie müssen keinem Menschen gegenüber verantworten, was Sie wie sammeln. Natürlich kann man innerhalb eines Gebietes sowohl ungebraucht wie gestempelt sammeln, wenn es auch vielleicht rein von der Optik im Album her schöner aussieht, wenn man nicht gerade in einer Ausgabe beide Formen mischt. Sie werden wahrscheinlich, wie die meisten Sammler, die Sammlung eines bestimmten Gebietes durch Briefe und Ganzsachen auflockern, aber Sie müssen nicht unbedingt jede Wertstufe auf einem portogerecht frankierten Luxus-Beleg haben.

Viel Freude beim Aufbau Ihrer Sammlung!


Fussnoten:

  1. Statt „Brief“ sollte ich vielleicht besser schreiben „Beleg“, denn natürlich gehören auch Paketkarten, Streifbänder u. ä. in diese Kategorie.
  2. Dieser Wertstempel war allerdings kein Äquivalent zu einer Frankatur, sondern ein Steuerstempel, der dem Absender erlaubte, den Brief privat befördern zu lassen.

Literatur:


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Copyright © 2005 und verantwortlich für den Inhalt:

Erste Veröffentlichung am 12. Juni 2005, letzte Bearbeitung am 11. Dezember 2005.


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