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Montenegro – Allgemeines zu den Markenausgaben

      Das Fürstentum Montenegro ist als Sammelgebiet nicht ganz unproblematisch. Dietz leitet seinen Artikel über die Stempel mit der Bemerkung eines ihm bekannten Sammlerkollegen ein, der dem Gebiet Montenegro schon deshalb kritisch gegenübersteht, weil der Michel das Kapitel mit der Darstellung von falschen Stempeln beginnt. Das ist richtig, aber im Gebiet Altdeutschland finden Sie im Michel auch bei Hamburg einen Hinweis auf einen verbreiteten Falschstempel. Lehnen Sie es deshalb ab, Hamburg zu sammeln?
      Dietz zitiert dann das Lexikon von Häger, in dem bei Montenegro ebenfalls auf „zahllose gefährliche Gefälligkeits- bzw. Falschstempel“ hingewiesen wird. Leider ist auch das richtig. Dass Häger zum Gebiet Montenegro auch schreibt „Die 1874–1914 verausgabten Postwertzeichen sind wenig ansprechend“ ist eine persönliche Ansicht, die man teilen kann, aber nicht muss. Ich teile sie nicht; die ersten Ausgaben etwa mit dem Fürstenporträt im Lorbeerkranz entsprechen durchaus der damals üblichen Gestaltung des Markenbildes.

      Sowohl Häger wie Dietz weisen aber auch darauf hin, dass sich die intensive Beschäftigung mit dem Gebiet Montenegro philatelistisch durchaus lohnt und viel Freude vermitteln kann. Man kann bei Montenegro übrigens eine eher ungewöhnliche Markengattung dokumentieren: Es war das einzige europäische Land, das in klassischer Zeit Rückscheinmarken herausgegeben hat. Die einzigen anderen mir bekannten Postgebiete, in denen es solche Marken gab, sind El Salvador, Kolumbien, Panama und ganz aktuell Belgien (2013).

Die dritte und letzte montenegrinische Rückscheinmarke MiNr. 73, 1. Juni 1907.
Sie ist im Wesentlichen motivgleich mit der zeitgleich verausgabten Freimarkenserie, trägt aber in den oberen Eckfeldern statt der Wertangabe die Buchstaben AR (Avis de Réception, Rückschein).

      Dietz nennt in seiner Arbeit die Zeit von 1874 bis 1892 „Montenegros klassische Markenzeit“. Warum diese Zäsur zu diesem Zeitpunkt?
      Mit der Überdruckausgabe von 1893 begann eine starke kommerzielle Beeinflussung der montenegrinischen Markenproduktion. (Die „Bickel-Berger-Geschichte“ finden Sie auf einer eigenen Seite.) Mir sind beim Lesen dieses Kapitels und ebenso bei Fleck in der Bearbeitung der Jubiläumsausgabe von 1896 und der Gedenkausgabe von 1905 spontan die Geschichte der Helgoland-Neudrucke und die Machenschaften des Herrn Goldner eingefallen – es gibt Parallelen bezüglich der Unzahl von Varianten und des Einschleusens von Makulatur in den Handel als besondere „Abarten“. Auch bei diesen Ausgaben gibt es die Problematik der nachverwendeten oder nachdatierten Stempel. (Für die erwähnte Rückscheinmarke ebenso wie für die Portomarken Montenegros darf ein wirklicher postalischer Bedarf übrigens auch bezweifelt werden.)

      Zur philatelistischen Einordnung dieser Stücke schreibt Fleck:
      „Daß diese ‚Abarten‘ ihr Dasein der Spekulation zu verdanken haben, dürfte ohne Beweisführung einleuchten […]. Durch die schon erwähnte Verordnung vom 17. November 1905 und die Überweisung eines Teils der Makulatur an die Postanstalten sind zwar alle Abarten legalisiert und damit auch zu anerkannten Sammlerobjekten geworden, verdienen aber trotz wirklicher Seltenheit keinesfalls die hohen Preise, die in früheren und auch einigen neueren Katalogen dafür notiert werden.“ (Hervorhebung von mir.)

      Ehe man das Gebiet Montenegro jetzt als unseriös komplett ablehnt, sollte man fairerweise berücksichtigen, dass Gefälligkeitsstempel z. B. bei der DDR-Post üblich waren und bei den Briefmarken-Versandstellen der deutschen und schweizerischen Post (und sicher noch vieler anderer Länder) heute noch sind (s. dazu auch Gefälligkeitsstempel vs. Bedarfsstempel).
 

Mein persönlicher Umgang mit den problematischen Ausgaben im Gebiet Montenegro


Zusammenstellungen von Aufdruck-Varianten der Ausgabe 1905 im Angebot des → Auktionshauses Christoph Gärtner
(Screenshot der → Philasearch-Website vom 19. 7. 2021)

      Bei Auktionen finden Sie manchmal ganze Aufdruck-Kollektionen (s. Abbildung oben); Preise von knapp 2 Euro pro Marke sind sicher nicht überzogen. Eine solche Zusammenstellung habe ich mir auch zugelegt; trotz ihrer dubiosen Entstehungsgeschichte sind diese Marken doch Bestandteil der Montenegro-Philatelie, und jede mögliche Variante muss ich nicht haben.
      Nach dem Erwerb eines üppigen Grundstocks an Montenegro-Marken (ja, auch gestempelt) kaufe ich jetzt nur noch gezielt Briefe und Ganzsachen, die bezüglich der Stempelorte und -daten unverdächtig und als echt gelaufen einzuordnen sind.


Literatur:


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Erste Veröffentlichung am 17. April 2022, letzte Bearbeitung am 17. April 2022.


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