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Postgeschichte – Renaissance-Briefe – Einleitung Teil 1


Belgien, 25. 03. 1962, Mi.-Nr. 1272

      Diese Seite ist in der Sektion Postgeschichte/Altbriefkunde eingeordnet. Geht es da nicht schon definitionsgemäss um alte Briefe? Warum diese gesonderte Betrachtung der Renaissance?

      Die Altbriefkunde beschäftigt sich zwar grundsätzlich mit der Vormarkenzeit, aber für die meisten nicht auf Postgeschichte spezialisierten Philatelisten, die ihre Sammlung mit einigen Briefen aus dieser Epoche ergänzen bzw. einleiten, geht das zurück bis etwa 1750, vielleicht noch 1700 (1). Wenn wir von der Renaissance sprechen, reden wir definitionsgemäss (2) vom (14. –) 15./16. (– frühen 17.) Jahrhundert, und Briefe aus dieser Zeit (im englischsprachigen Raum gelegentlich als early letters bezeichnet) sehen durchaus anders aus als Briefe aus der Zeit etwa von 1750 bis 1850.

 

Renaissance – die Vorstempelzeit

      Während der Begriff Vormarkenzeit relativ verbreitet ist, finden Sie den Begriff Vorstempelzeit eher selten. Er beschreibt aber sehr genau ein Charakteristikum von Briefen der Renaissance: Da Stempel auf Briefsendungen erst mit der Einführung des Bishop-Stempels in England im Jahr 1661 in Gebrauch kamen, wurden vorher alle postalisch relevanten Angaben, etwa zu Leitwegen und Forwardern, sowie Porto- und Franco-Vermerke handschriftlich auf der Sendung vermerkt. Nicht selten findet man verschiedene Handschriften auf einer Sendung, wenn etwa ein Kaufmann die Adresse notierte und dann sein Sekretär die postalischen Vermerke anbrachte.

 

Porto und Franco – eine Begriffsklärung

      Ich erwähnte oben Porto- und Franco-Vermerke. Hier eine kompakte Definition dieser gerade in der Altbriefkunde immer wieder vorkommenden Ausdrücke:

Porto und Franco – vorne und hinten

      Der Begriff Franco bezeichnet die (vollständig oder bis zu einem angegebenen Punkt entlang des Leitwegs) bezahlte Gebühr für den Transport einer Sendung. Laut Helbig ist die erste Verwendung dieses Begriffs 1459 nachgewiesen. Gut hundert Jahre später war der Begriff bereits etabliert; in der Corsini-Korrespondenz finden sich ab 1586 etliche Briefe aus Venedig mit dem Vermerk Franco sina Col’ge (bezahlt bis Köln).

      Mit dem Vermerk Porto wird ursprünglich eine nicht bezahlte Gebühr bezeichnet. Das Wort hat im Laufe der Zeit einen gewissen Bedeutungswandel erlebt; „echte“ Porto-Briefe gibt es praktisch nicht mehr, und so verwenden wir Porto allgemein für Postgebühr.

      Franco-Vermerke findet man, wie Helbig anmerkt, üblicherweise auf der Briefrückseite, da sie bei der Zustellung eher irrelevant waren. Das auf der Briefvorderseite und damit ebenso wie die Adresse an prominenter Stelle vermerkte Porto dagegen war wichtig, da es durch den Zusteller vom Empfänger eingezogen werden musste.

         
 

      Auf frühen Markenausgaben findet man gelegentlich noch den Begriff „Franco“, wodurch Publikum und Postbediensteten gleichermassen verdeutlicht wurde, dass mit diesem Zettelchen die Beförderungsgebühr abgegolten war. In etlichen Postgebieten gab es auch „Portomarken“ zur Erhebung einer allfälligen Nachgebühr.

 

      Der typische Renaissance-Brief ist also ein handschriftliches Dokument ohne irgendwelche Stempel mit gleichfalls handschriftlich angebrachten Postvermerken. Ich nehme an (das ist nur eine persönliche Hypothese), dass allein dieses Erscheinungsbild solche Briefe für den „normalen“ Philatelisten schon relativ unattraktiv macht. Nicht einmal ein Ortsstempel? Kein „Hingucker“ als Einstieg in eine (Ausstellungs-)Sammlung mit einem Ausflug in die Vormarkenzeit!

      Tatsächlich erfreuen sich eher postgeschichtlich interessierte Philatelisten an vielen Details solcher Briefe wie etwa Gildezeichen und Papiersiegeln. Es gibt durchaus etliche spezialisierte, allerdings meist in (dem Markt angepasst) kleiner Auflage erschienene, Literatur zur Postgeschichte der Renaissance, dabei vieles zu den italienischen Staaten und Republiken und zu dem grossen Gebiet Thurn & Taxis.

      Wenn Sie vielleicht doch einmal in dieses faszinierende Gebiet einsteigen wollen, gibt es einige Aspekte, die eine gewisse Einarbeitung verlangen. Mehr dazu im 2. Teil dieser Einleitung.


Fussnoten:

  1. Der Brief mit der frühesten bekannten Verwendung (13. 2. 1717) des ersten deutschen Poststempels, eines einzeiligen Langstempels „V.MAYNTZ“, kam bei der Feuser-Auktion vom 14. November 2020 zum Verkauf. Erstaunlicherweise blieb dieser Klassiker der deutschen Postgeschichte für € 3000.– unverkauft.
  2. Siehe dazu „→ Renaissance“ bei Planet Wissen, „→ Geschichte der Renaissance“ bei webhistoriker.de und den Eintrag „→ Renaissance“ in der deutschen Wikipedia.

Literatur:


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Erste Veröffentlichung am 8. November 2020, letzte Bearbeitung am 17. November 2020.


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