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Privatpost – Klassische deutsche Privatpost sammeln – warum, was und wie?

Warum?

      Wie wird man zum Privatpost-Sammler, warum kann sich ein an der Klassik interessierter Philatelist für diese Ausgaben begeistern? Die klassische deutsche Privatpost reicht zeitlich bis zum Jahr 1900, und da gibt es eigentlich schon genügend Ausgaben des deutschen Reiches, mit denen man sich ein Sammlerleben lang beschäftigen kann.

      Andererseits gibt es viele Sammler, die sich dem Gebiet Deutsche Kolonien verschrieben haben, das ebenfalls zeitlich parallel zum Deutschen Reich angesiedelt ist. Dortmund und Leipzig liegen aber rein geographisch als „deutsche“ Sammelgebiete sicher näher als Südwestafrika oder die Marianen …

      Schon im Jahre 1941 beobachtete der Braunschweiger Händler und Alben-Verleger Walter Behrens die erstaunliche Diskrepanz zwischen dem grossen Interesse der Philatelisten an deutschen Kolonial-Ausgaben und dem fast völligen Desinteresse an deutscher Privatpost.
      Im Angebot seines Privatpostmarken-Albums schrieb er:

„Ist es nicht ein merkwürdiger Zustand, daß ein deutscher Sammler die Marken irgend einer exotischen Insel, auf der wenige Weiße eine Korrespondenz führen, seiner Sammlung als voll berechtigte Postwertzeichen einverleibt, während ihm die Marken der Berliner Paketfahrt fehlen, die jahrelang Millionen von Berlinern täglich mit ihrer Korrespondenz bediente?“

Privatpost Bergedorf

      Ich kann Ihnen erzählen, wie es bei mir begann; vielleicht können Sie diese Entwicklung nachvollziehen: Ich sammle seit Jahrzehnten die klassischen Ausgaben von Bergedorf; Privatpost hatte mich eigentlich nie interessiert. Irgendwann habe ich, aus einer Laune heraus, für fünf Euro einen Viererblock der ersten Ausgabe der Bergedorfer Privatpost gekauft (links). Damit kam dann automatisch der Wunsch, mehr darüber zu erfahren, es folgte der erste Michel Privatpostmarken-Katalog, es kamen weitere Kataloge, es kam das erste Behrens-Album. So fing das alles an …

Meine erste Privatpostmarke

      Die Erweiterung eines bestehenden klassischen Sammelgebietes ist also eine Möglichkeit, wie man zum Privatpost-Sammler wird. Das kann Ihnen passieren, wenn Sie Bergedorf, Braunschweig, Bremen, Hamburg oder Lübeck sammeln.

      Vielleicht interessiert Sie aber auch ein in der Firmen-Korrespondenz aktuell aufgetauchter frankierter Umschlag eines privaten Postdienstes? Mit dem Interesse an der modernen Privatpost kann dann – ein nicht seltener Weg zur Klassik – der Wunsch erwachen, das Gebiet zeitlich nach hinten zu ergänzen, und damit haben Sie den Weg zur klassischen Privatpost gefunden.

 

Und warum nicht?

      Interessant ist die Gleichgültigkeit oder sogar kategorische Ablehnung, die viele Sammler diesen Marken entgegen bringen. „Na ja, Privatpost …“ – etwas abschätzig belächelt wird, wer sich statt den „edlen“ Brustschilden diesen „billigen“ Ausgaben widmet.

      Die damaligen Privatpost-Betreiber sind an dieser Einstellung nicht ganz unschuldig; in der Tat gibt es wohl in kaum einem anderen deutschen Gebiet so viele Ausgaben, die man schlicht als philatelistische Machwerke einordnen muss, die also nur für Sammler produziert und nie bestimmungsgemäss verwendet wurden. (Bestimmte Lokalausgaben fallen noch in diese Kategorie.)
      Man sollte sich allerdings vor pauschaler Verurteilung und Ablehnung eines ganzen Sammelgebietes hüten, denn es gab genug Privatpostanstalten, die einen absolut seriösen Betrieb unterhielten.

      Bezüglich der philatelistischen „Wertigkeit“ von Privatpostausgaben sollten Sie noch wissen, dass sie „vollgültige“ philatelistische Objekte im Sinne der → FIP (Fédération Internationale de Philatélie) und damit generell auch als Ausstellungsobjekte zugelassen sind. (1)

 

Was?

      Wenn das Interesse einmal erwacht ist (das warum), kommt als nächstes die Überlegung, was man denn nun sammeln soll. Das unstrukturierte Kompilat im Einsteckbuch befriedigt irgendwann nicht mehr; eine Sammlung braucht einen roten Faden, ein Konzept, ein Thema.

      Naürlich können Sie klassische deutsche Privatpost insgesamt zu einem Sammelgebiet machen. Das wird dann allerdings noch umfassender als Altdeutschland und bindet in erheblichem Masse intellektuelle, zeitliche und nicht zuletzt auch finanzielle Ressourcen.
      Sie werden sich wohl eher für eine Auswahl bestimmter Postorte entscheiden, sei es als Ergänzung eines klassischen Gebietes (das kann neben den oben erwähnten Stadtstaaten beispielsweise auch Baden, Preussen oder Sachsen sein) oder im Rahmen einer Heimatsammlung.

      Während Ganzsachen bei Sammlern von Ausgaben staatlicher Postdienste meist ein Spezialgebiet darstellen, das separat (wenn überhaupt) gesammelt wird, neigen Privatpost-Sammler nach meinem Eindruck eher dazu, Ganzsachen und Ganzstücke, also Briefe, mit in ihre Sammlung aufzunehmen. Das könnte an der oben genannten Fülle von philatelistisch beeinflussten Ausgaben liegen, die es in diesem Gebiet gibt; der gelaufene Brief belegt zweifelsfrei die Durchführung eines Postdienstes. Ich sollte jedoch erwähnen, dass Briefe im Gegensatz zu den meist sehr preiswerten Marken auf Grund ihrer Seltenheit oft sehr teuer sind. Ganzsachen, zumal ungebraucht, sind dagegen mehrheitlich noch zu relativ niedrigen Preisen zu bekommen.

 

Wie?

      Damit bleibt das wie: Wo finde ich denn diese Ausgaben überhaupt, wie gehe ich vor, um an diese Marken zu kommen? Hier in der Schweiz ist die Suche nach klassischen deutschen Privatpost-Ausgaben nur für Sammler mit hoher Frustrationstoleranz zu empfehlen. Wenn Sie auf einer Börse oder Messe zum zwanzigsten Mal von dem netten Herrn hinter dem Tisch gehört haben „Haben wir nicht“, fragen Sie sich vielleicht, ob Sie nicht doch besser Strubel oder Tellknaben sammeln sollten …

      Selbst in Deutschland werden Sie mit der Frage nach Privatpost-Ausgaben im Fachhandel in den weitaus meisten Fällen keinen Erfolg haben; es bleibt damit fast ausschliesslich der Weg über Auktionen. Die meisten Auktionshäuser widmen sich allerdings nur selten diesem Gebiet; → Felzmann hat 1984 eine Privatpost-Spezialauktion durchgeführt, was damals ein recht mutiges Unternehmen war, hat sich aber dann auf Zeppelinpost und „konventionelle“ Klassik konzentriert. Aktuell – trotz der generell nicht kommerziellen Politik dieser Website muss ich das meinen Lesern mitteilen (ich bekomme nichts dafür), denn nur dann nutzt es Ihnen, diese Seite zu lesen – gibt es zwei Auktionshäuser, die regelmässig ein umfassendes Privatpost-Angebot haben: → Nordphila und → Christoph Gärtner.

      Auch die von mir in Sachen Philatelie eher kritisch betrachteten Internet-Auktionen sind für Privatpost-Sammler durchaus ergiebig. Sie müssen allerdings damit rechnen, dass die Marken dort, im Gegensatz zu den sehr professionellen Angeboten der oben genannten Auktionshäuser, häufig nicht korrekt bestimmt sind, denn wer einige solcher Marken irgendwo findet, kauft nicht einen Spezialkatalog, um sie bei eBay einstellen zu können. Hier sind Sie dann selbst gefordert, womit ich wieder bei meinem Lieblingsthema bin: Ohne gute Literatur geht es auch bei der Privatpost nicht!


Fazit

      Eine Sammlung aus dem Gebiet klassische deutsche Privatpost aufzubauen macht Spass. Sie lernen sehr viel über lokale Postgeschichte, Sie finden Marken, die grafisch oft viel ansprechender als die Staatspost-Ausgaben der gleichen Epoche sind, und Sie müssen dafür längst nicht so viel Geld ausgeben wie für eine „konventionelle“ klassische Sammlung. Auch die Suche nach einer Marke, die vielleicht nur mit drei Euro im Katalog notiert ist, ist ein schon an anderer Stelle beschriebenes philatelistisches Vergnügen; darin, dass Ihnen der Aufbau einer solchen Sammlung nicht so leicht gemacht wird, liegt ein ganz besonderer Reiz.


Fussnoten:

  1. Siehe dazu Punkt 3.1.4. in den „→ Special Regulations for the Evaluation of Traditional Philately at FIP Exhibitions“; dort sind ausdrücklich „Local stamps, private delivery services, parcel company and carrier stamps […]“ erwähnt.

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Erste Veröffentlichung am 30. April 2006, letzte Bearbeitung am 29. Dezember 2015.


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