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Lesen Sie dazu bitte auch die Seiten „Postgeschichte/Altbriefkunde – Das Feld für forschende Sammler“ und „Jetzt hat es mich gepackt – Der Weg zur Postgeschichte“.
„Ein geheimnisvoller Zauber umgibt alte Briefe, dem sich kein Mensch von Kultur entziehen kann. Lebt doch der Mensch in ihnen weiter oft durch Jahrhunderte. Mögen auch Bücher und Bilder von seinem Wirken Zeugnis geben, die Briefe sind es, die sein innerstes Menschentum enthüllen und ein anschauliches Bild seiner Persönlichkeit geben.
Alte Briefe bilden eine Fundgrube für den Forscher, eine Augenweide für den Künstler, eine Freude für den Sammler. Aus ihnen fließt ein reicher Quell geistiger Anregung und gemütvoller Erbauung, aber nur für jene, die ihren tiefen Sinn erfasst haben und mit hingebungsvoller Liebe das ehrwürdige Vermächtnis unserer Vorfahren pflegen.“
Anton Kumpf-Mikuli:
Neue Briefe über alte
Verlag „Die Postmarke“ GmbH, Wien 1933
Cursores Mediolanum auf Brief vom 17. Oktober 1459 Geprägtes Siegel durch Bleistiftschraffur sichtbar gemacht. (ex → Sammlung LeBow, → Los Nr. 2007 in der Siegel-Auktion vom 9. 11. 2004) |
„An important early postal history showpiece“ hiess es in der Losbeschreibung bei → Gärtner zu dem oben gezeigten Brief, den ich in der Tat als besonderes Schmuckstück meiner kleinen postgeschichtlichen Sammlung schätze. Der Prägestempel mit dem Wappen der Sforzas und der umlaufenden Inschrift Cursores Mediolanum (Mailänder Kuriere) gilt als der erste Poststempel der Geschichte; er wurde in Mailand unter dem Herzog Francesco Sforza für dessen Botenpost nach Venedig verwendet.
Ein solcher Brief erklärt die eingangs zitierten enthusiastischen Bemerkungen von Herrn Kumpf-Mikuli, und schon dieses eine Stück lässt den besonderen Reiz der Postgeschichte, auch Vormarkenzeit (bitte nicht „Vorphilatelie“) oder Altbriefkunde erahnen.
Postgeschichte hört natürlich nicht mit der Ausgabe von Briefmarken auf, weshalb ich für das, worum es hier geht, Altbriefkunde bevorzuge. (Ein interessantes Kapitel der Postgeschichte in der Markenzeit finden Sie bei Frankreich.)
Bishop-Stempel auf Brief vom 9. Dezember 1780 |
Innerhalb der Altbriefära gibt es noch eine Zäsur: Die Einführung des Stempels statt eines handschriftlichen Vermerks über Aufgabeort und -datum durch den britischen Postmaster General Henry Bishop. Mehr über den Bishop-Stempel finden Sie in der Sektion Grossbritannien.
(Siehe dazu auch „Renaissance-Briefe/Einführung Teil 1“ zum Begriff „Vorstempelzeit“.)
„Die gestempelte Marke flüstert,
das Briefstück spricht,
der Brief brüllt.“
Dr. Franz Kalckhoff (1860–1955) (1)
Schon vor mehr als acht Jahren schrieb ich zum Thema „Wie soll man klassische Marken sammeln?“ auf einer der ersten Seiten dieser Website „das Sammeln von Briefen ist die schönste und philatelistisch anspruchsvollste, gerade in der Klassik aber leider auch die mit weitem Abstand kostspieligste Form des Sammelns.“
Daran hat sich seit der Zeit von Herrn Kalckhoff nichts geändert; der ganze Brief zeigt nicht nur die postalische Verwendung (und damit den bestimmungsgemässen Gebrauch) einer Marke, er hat auch eine Schönheit, eine Ausstrahlung, die eine lose Marke so nicht vermitteln kann.
Grossbritannien SG Nr.19 auf Einschreiben vom 13. Mai 1854 nach Preussen |
Eine sehr interessantes Plädoyer für eine klarere Trennung von Postgeschichte und klassischer Philatelie findet man auf Reinhard Stutz’ Website → Post und Geschichte. Stutz beklagt die Flut von Briefen (um die Juroren zu beeindrucken?) in Exponaten zur traditionellen Philatelie. Unter anderem schreibt er
„Leider ist die Entwicklung der traditionellen (Ausstellungs)-Sammlungen aus dem
Ruder gelaufen. Traditionelle Sammlungen, die auf 7 Rahmen (à 12 Blatt) noch knapp 2 Rahmen (à 12 Blatt) Briefmarken enthalten, haben einfach nichts mehr mit traditioneller Philatelie zu tun – Trend zum Brief hin oder her. […]
Die Juroren lassen sich von den eingefügten Briefen (teils schwergewichtigen Renommierstücken) verunsichern. Die traditionellen Sammlungen sollten wieder dahin geführt werden, dass die Briefmarke im Mittelpunkt steht. Eine Beschränkung der Briefdarstellungen sollte auf 50 % der ausgestellten Fläche beschränkt werden, besser wären sogar 40 %. Die Juroren haben den Briefmarken wieder mehr Gewicht zu geben […]“
Ich kann die Beobachtung von Herrn Stutz grundsätzlich bestätigen; Exponate zur traditionellen Philatelie werden in der Tat zunehmend „Brief-lastig“, während die von Stutz im selben Artikel als Salz in den traditionellen Sammlungen bezeichneten Entwürfe und Proben, Fehldrucke, Abarten, Plattenfehler, Farb- und Papiernuancen meist keine sehr grosse Rolle spielen. Natürlich ist ein Brief wie der oben gezeigte mit zwei Paaren und einem Dreierstreifen ein „Eyecatcher“, aber ein Probedruck derselben Marke wäre ihm im Sinne der traditionellen Philatelie mindestens ebenbürtig.
Als jemand, der von der traditionellen Philatelie ebenso wie von kompletten Belegen und zunehmend der Vormarkenzeit begeistert ist, tue ich mich mit einem Fazit schwer – und vielleicht gar eine Empfehlung zu geben, wäre vermessen. Der gelegentliche Brief als Auflockerung ist sicher eine optisch wie philatelistisch wertvolle Ergänzung einer Sammlung (s. dazu die Sektionen Belgien und Niederlande auf dieser Site), aber Postgeschichte ist nun einmal etwas Anderes als eine „Briefmarkensammlung“.
Postgeschichte, speziell die Vormarkenzeit, ist faszinierend. Alles, was man über die Philatelie bezüglich des Erwerbs von Kenntnissen in Geographie, Geschichte, Münz- und Wappenkunde sagt, gilt hier noch einmal in verstärktem Masse – es fehlt die leicht zu identifizierende Marke, die ich im Katalog schnell bestimmen kann und damit schon einmal Währung, Betrag und Ausgabejahr zugeordnet habe.
Sollten Sie sich entschliessen, Ihre klassische Sammlung, zunächst einmal ganz behutsam mit einzelnen Stücken, zeitlich nach vorne zu erweitern, werden Sie dies mit Sicherheit nicht bereuen!
Literatur:
Copyright © 2013–2020 und verantwortlich für den Inhalt:
Erste Veröffentlichung am 2. September 2013, letzte Bearbeitung am 8. Oktober 2020.
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